Zurück nach Hause - Pferdewanderung der WG Niederweiler

Nach einer tragischen Erkrankung der Pferdemutter Naomi und der damit einhergehenden perspektivlosen Diagnostik, musste das Pferd nach einem kurzen Aufenthalt in der Pferdeklinik eingeschläfert werden. Da ihre Tochter Nikita nicht allein in Niederweiler verbleiben sollte, gab es eine Inobhutnahme des Pferdekindes in einem fremden Pferdestall. Auch wenn Nikita sich dort wohl fühlte, wollte sie gerne wieder zurück nach Hause, an den Ort wo sie groß geworden ist und mit ihrer Mutter gelebt hatte. Bevor dies möglich werden konnte, musste ein Beistand für sie organisiert werden. Die Stute Ayla erklärte sich bereit, in die Beziehung mit Nikita zu gehen. Beide kamen im fremden Stall zusammen und konnten ihre Beziehung so ausbauen, dass nach knapp 6 Wochen eine Rückführung in das alte zu Hause möglich wurde. Eine 2 Tageswanderung von Riesweiler nach Niederweiler sollte die Pferde in Begleitung der Kids wieder nach Hause bringen.
Die Rückführung drohte erst zu scheitern, da lediglich 2 von 10 Kindern unserer WG Niederweiler bereit waren, Nikita und Ayla auf den 30 km langen Weg zu begleiten.
Unsere Fachkräfte verbildlichten die Situation für die Kids: Im Grunde wird Nikita am heutigen Tag in ihr altes zu Hause - die WG Niederweiler - zurückgeführt. Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr euch in der Rückführungsphase befindet, aber keiner der Familie euch abholen würde und ihr den weiten Weg nach Hause, alleine bestreiten müsstet.
Nach einer kurzen Stille im Raum, entschied sich jeder einzelne, diesen anstrengenden Weg mit den Pferden gemeinsam zu beschreiten.

Somit starteten die Kinder und unsere Fachkräfte am ersten Tag in Riesweiler und wanderten 13 km nach Womrath. Der Weg war beschwerlich, die Wiesen waren nass und ebenso die Füße der Kinder. Auch die beiden Pferde bekamen nasse Füße und mussten durch den tiefen Bach. Das gute Essen, ein gemütliches Lagerfeuer und die trockene Unterkunft für Kinder und Pferde erfreuten dann alle. Ebenso das schön organisierte Heubett für die Nacht auf dem Dachboden.

Am nächsten Morgen stand dann die Endetappe von weiteren 18 km an. Die Blasen von gestern und nassen Füße waren vergessen und sie gingen los. Jedes Kind erhielt zum Abschied noch einen Schokoriegel von den Betreibern der Wanderreitstation. Die Sehnsucht nach Hause trieb das Pferd Nikita an und Ayla zog mit. Der von ihnen vorgegebene Schritt war zügig. Umso bewundernswerter war die Leistung der Kinder, die weder zurückfielen, noch fragten, wie lange noch oder sonst wie klagten. Einige konnten verschiedenste Ängste mit Hilfe der Pferde überwinden, bauten Beziehungen zum Pferd auf und gingen am zweiten Tag der Wanderung an ihre körperliche Grenze. Nach 5 Laufstunden mit lediglich ein paar kurzen Pausen war es dann geschafft. Nach Ankunft in der WG schätzte man die kleinen Dinge im Leben enorm, z. B. einen Stuhl und eine Dusche.

Mit Lob und Anerkennung war auch die Geschäftsführung der AWO Südwest bereits in der Wohngruppe und begrüßte die Pferde und ihre Gefährten.
Der Grill wurde reichlich vollgepackt und es gab ein gemütliches Beisammensein am Lagerfeuer mit Blick auf die Pferde. Nikita, die ihre Mutter verlor und ihre Heimat für eine Zeit verlassen musste, war dankbar für alle Kinder, die sie wieder zurück nach Hause geholt hatten.
Der beschwerliche gemeinsame Weg verlief ohne Konflikte und schweißte zusammen, sowohl die Beziehungen zwischen Pferd und Mensch als auch zwischen Mensch und Mensch und Pferd und Pferd.

Über die Wohngruppe Niederweiler:

Die erlebnispädagogische Wohngruppe Niederweiler ist ein vollstationäres Jugendhilfeangebot im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Ihre Besonderheit liegt in der ganzheitlich integrativ wirkenden „tiergestützten Pädagogik“. Im Lebensalltag der Wohngruppe ist das Zusammenspiel mit Hunden, Katzen, Pferden und auch den Bienenvölkern allgegenwärtig.